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Prosa
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Hybridvagabunden
Hinterher
Davon wie es ist mit einem langen Löffel durch die Welt zu laufen
In den Träumen des freigelassenen Tieres
Kindchenschema
Ehrlich
Im Zug zur Wahlzeit
Bildbeschreibungen 1-4
Hinterher
Ich
möchte, dass du still bist. Es schmerzt mich, dass du redest. Du
tust mir weh. Du redest, um selbst keine Schmerzen zu haben. Ich
möchte mir jetzt selbst weh tun. Ich möchte damit allein
sein. Aber du erklärst es schon. Obwohl ich es nicht erklären
kann, noch bevor die Musik aus ist. Das hast du dir gedacht. Nimmst
das Erstbeste, was dort zu sehen war, hinterher, und sagst, das
hättest du dir gedacht. Hinterher, nachdem du es weißt,
sagst du, du hättest es dir währenddessen schon gedacht.
Sei doch bitte still. Ich möchte gern noch einen Moment damit
allein sein, ohne dass du erklärst, es hätte gar nicht
anders sein können. So, als hätte dich jemand gefragt. Wie
enttäuschend das sein muss, es sich immer schon gedacht zu
haben. Ich wollte es so gern erlebt haben, aber nun hast du es dir
schon gedacht und das wird von nun an immer dazu gehören: Ich
habe es erlebt und du hast es dir schon gedacht. Das ärgert mich
jetzt. Obwohl ich wirklich gern noch dort geblieben wäre, wo das
Erlebnis auf meinen Schmerz trifft. Traurig, nicht? Dass da jetzt
auch der Ärger über deine Taubheit sein muss. Dein
aufdringliches Informiertsein, das dich der Möglichkeit deines
Schmerzes enthebt. Du hättest nur noch einen Moment still sein
müssen, bis zum Ende der Musik. Doch ich musste es hören.
Dein Gesicht habe ich dann nicht mehr gesehen.
Das
ist mein Schwanz. Ich könnte niemals Penis zu ihm sagen. Denn
das ist, was er ist, ein Schwanz, der Spuren hinterlässt,
Schleifspuren. Er kann gar nicht so sauber sein, wie ein Penis. Durch
den Schmutz habe ich ihn gezogen, hinter mir her, so lang, wie ich
denken kann.
Dieser
räudige Straßenkater mit dem zerrissenen Ohr da hat sich
der Gewohnkeit entledigt, nur an geschützten, zurückgezogenen
Orten mit der Zunge an seinem Schwanz zu putzen; hektisch beugt er
den Kopf, leckt zweimal daran und guckt. Er prüft, ob jemand
aufmerksam geworden ist.
Davon
wie es ist mit einem langen Löffel durch die Welt zu laufen
Ein langer Löffel kann sehr nützlich sein. Er kann dies auch
abgesehen von den eher raren Gelegenheiten, in denen aus einem tiefen
Glas ein leckerer Rest befördert werden will, gekratzt,
geschabt, eben gelöffelt. Hat man hier erst den langen Löffel
angelegt, hatte bereits alles andere versagt.
Manchmal
kann man auch einen Bolzenschneider sehr gut verwenden, nämlich
zu den unmöglichen Gelegenheiten, in denen man seinen Schlüssel
im Fahrradschloss abgebrochen hat, wenn man gerade einen recht
wichtigen Termin im Begriff war, wahrzunehmen und sogar rechtzeitig
genug aufgebrochen war, um in ruhigem Tempo dorthin zu gelangen, wo
zu sein der Termin es erforderte, also entspannt. Die Entspanntheit
löst sich aber in dem Moment auf und verkehrt sich in ihr
gerades Gegenteil, baut also die Spannung bis zur Verspannung auf,
fängt man an zu bedenken, welche Zeit der Weg zurückgelegt
mit den öffentlichen Verkehrsmitteln benötigte. Jetzt hülfe
einem der lange Löffel wenig, selbst wenn man ihn mit sich
führte. Glück zu haben meinte eben hier, einen
Bolzenschneider mit sich zu führen.
Mit
dem Löffel allerdings könnte man seine herb aufkeimende Wut
ein wenig in Bahnen lenken, kleine harte Einschläge zu gemeinen
langen Rissen in Fenstern in Bahnen werden lassen. Nein. Das würde
man nicht tun. Aber eine Beule in eine Tür unter den Treppen an
der Hochbahn. Vielleicht. Dass man die elend lange Zeit auch mit
einem entnervenden Rhythmus mit dem federnden Stiel geklopft
verbringen kann, sagen wir – auf den plastikbespannten
antigraffittigemusterten Sitzflächen, ist solange schön,
bis die dicke Alte mit den schlecht gefärbten Haaren biestig
rübergeguckt hat. Dann klöppele man nur für sie eine
etwa halbminütige Ausleitung.
Das
geht - zur Not - auch mit einer zusammengerollten Zeitschrift,
vielleicht der Informationsbroschüre zu Wartungsarbeiten an den
Schienenstrecken. Aber es federt nicht so nachhaltig. Fordernd. Auch
ist das Geräusch weniger trocken.
Grundsätzlich
aufbauend ist – und das ist das Wesentliche an seiner
Mitführung – das Wissen um die jederzeit gegebene
Möglichkeit, seinen lieben Mitreisenden mit der runden
Unterseite des Löffels von ganz oben und in angemessenem Abstand
eine drüber geben zu können. Wie gesagt, das Wissen um die
Möglichkeit, nicht jede Eventualität ist eine Durchführung
überhaupt wert.
Man
fängt an, das Gerät anständig zu wiegen: das
Instrument führt und adelt den Träger. Ich will mich auch
an dieser Stelle mit Ihnen, hochverehrter Leser, gar nicht streiten,
selbstverständlich ist das arrogant, aber eingebildet ist es
nicht. Zudem hochmütig genannt zu werden, würde ich nicht
von mir weisen, ich könnte nicht klug und fundiert
widersprechen. Nicht mal zusammenhängend. Ich könnte Ihnen
dazu etwas stammeln, wenn Sie es denn nachdrücklich verlangten.
Und köstlich ist, wie recht Sie immer wieder mit ihren
Sinnsprüchen haben, denn zum Fallen schaffe ich mir ausreichend
Gelegenheiten. Es ist, als wollte ich in der Übung bleiben.
Dann, auch dann zeigt sich das tröstende Wesen der Löffels,
er findet eine physikalische Unabdingbarkeit, rutscht aus einer für
ihn behelfsmäßig ausgesuchten Tasche und verschafft mir
einen der Angelegenheit zupassenden Fleck. In blau oder mit
Zitroneneis. Taubendreck in den Jahreszeiten, in denen Schlüssel
in Schlössern verenden. Er findet schon etwas.
Kam
ich hierbei auf das Tröstliche zu sprechen? Genau, das
Wesentliche: es ist nicht so schlimm, man hat ja den langen Löffel
dabei. Man macht mit ihm den ärgsten Dreck weg oder drückt
ihn sanft auf die schmerzende Stelle. Zum Beispiel sind Sie verkatert
und müssen sich nach etwas bücken, schiebt der Schmerz sein
unvermittelt vorhandenes Messer unter die hintere Schädelplatte
von der Wirbelsäule bis kurz vor den Sehnerv. Wenn Sie sich dann
ächzend gesetzt haben und der Löffel fällt Ihnen ins
Auge - natürlich nicht buchstäblich – dann legen Sie
seine anschmiegsam geformten Innenseiten leicht darüber,
abwechselnd über beide Augen. Sie werden Ihrer Findigkeit und
dem Wesentlichen des Löffels nie inniger danken können.
Sie
werden selten missverstanden werden, wenn sie mit dem langen Löffel
auf etwas deuten. Was bei seinen kurzgemachten Artverwandten immer
wie elendiges Gefuchtel aussehen würde, hier hat es Grazie. Und
ist eindeutig, etwa in dem Fall, wo vorhin besagte Zitroneneiskrem –
oder diesmal lieber Vanille auf Orangensaft mit einem Schuss Prosecco
- genüsslich aus dem Pokal gehoben wird, und Sie sodann
unliebsamen Schnorrern, Verflossenen oder sogar Verwandten ansichtig
werden. So Sie nur prompt genug den Löffel dirigieren, wird er
Ihren Unwillen auf jede Entfernung spürbar werden lassen.
Schokoladeneis ist noch schwieriger aus der Kleidung zu entfernen,
aber man kann auch einem Löffel nicht immer das gleiche
anbieten.
In
den Träumen des freigelassenen Tieres
In den Träumen des freigelassenen Tieres, dessen Augen staunend
aufgerissen den bizarren Käfig mit der Sehnsucht nach Kampf mit
dem Ungeheuren vergleichen, sind seine Muskeln gestrafft und
geschmeidig, den Gefahren gefeit.
In
der Phantasie, die zusammen mit dem in sich verkrümmten Tier
hinter die Stäbe des Käfigs gesperrt bleibt, wird das
Jenseitige unterdrückt und vernichtet, seinerseits hinter Gitter
gesperrt und der Angst vor dem Schlaf überlassen.
Da
liege ich auf weißen Laken in einem weißen Hemd vor
weißen Wänden wartend auf eine Weisung der wichtigen
Herren, beraubt meiner Verantwortung für meine Zeit, unbrauchbar
für ihre, nichts bedeutend im Moment, nicht deutend den Moment.
Des Denkens enthoben. Kostümiert als schmückende
Dienstbarkeit. Die Frauen entwürdigt wie ich und uniformiert
nackt. Nur der Drang spricht an.
Rede
nicht, da es nichts zu sagen gibt. Zieh dich aus, damit du nicht mehr
gleich bist. Laß mir dein Fleisch, das jetzt nur mir wert wäre.
Laß uns diese Laken mit dem Schmutz des Willens besudeln, der
keinen Buckel trägt, mit den Flüssigkeiten der momentanen
Bedeutungslosigkeit. Es ist nichts besseres zu tun.“
Andererseits:
Sie unterhalten sich mit dem eingefrorenen Lächeln der Banalität
in ihren ausgewählt hübschen Gesichtern. Fordern das
Vergehen der Sinnlosigkeit ihrer bloß körperlichen
Anwesenheit, bitten um Vergänglichkeit im Streben nach
Unsterblichkeit oder wenigstens ewiger Echtheit, meint Jugend.
Weichen der Tat aus, die sie erschafft, die sie wären, was
ausdrücklich nicht erwünscht ist. Bis sie es wirklich nicht
mehr wissen.
Kindchenschema
Das
Kindchenschema der vollkommenen Hilflosigkeit wird immer dort
angeboten, wo Profit erhofft wird, es kommuniziert „Errette
mich!“ und scheint mit einem Handel zu locken, in dem dem
Retter seine ihm schmeichelnde uneigennützige Tat mit
Wimpernschlag, Kußmund und Körperwärme in geringen
Dosen vergolten wird. Der Ablass für den unterlassenen Biss beim
zurschaugestellten zarten Nacken kann auch das Versprechen jedweder
anderen Verfügungsgewalt der Untertänigkeit beinhalten,
wiewohl dem Ritter klar sein muss, dass das Angebot nur als
Schaustück im Fenster liegt und nicht herausgegeben wird,
andernfalls ja die Bindung gelöst würde, die eingegangen
wurde, um Weiteres, mehr, noch mehr zu bekommen. Mit der Vorstellung
des Dankes allein wird um die Handlung geworben, die ohne das Zutun
der starken fähigen Hand niemals möglich und doch so
wünschenswert wäre. Der Appell richtet sich unausgesprochen
an die Ehre, die Bitte nicht nur nicht abzuschlagen, sondern ihre
verheißene Entsprechung alsbald zu vergessen; sowie keinen
Anspruch auf die Urheberschaft zu erheben, denn schließlich
handelte man auftragsgemäß und aus freien Stücken.
Man hüte sich davor, den Kredit einlösen zu wollen, den man
zu erwerben sich vorstellte, als man hellhörig die Frage
vernahm, was nicht alles dafür gegeben werden würde, wenn –
erreicht worden ist, was beabsichtigt war, wozu das Kindchenschema
der vollkommenen aufrichtigen Hilflosigkeit als Vehikel und der
Erfüllungsgehilfe selbst als ein inzwischen abgelegtes Werkzeug
diente.
Im Zug zur Wahlzeit
Die Angie lächelt dem Ede zu. Ein Herr präsentiert
Maßschneiderei zu weiteren Versprechen auf Großplakatwänden,
„Da hätten wir wenigstens wieder ein richtiges Feindbild“,
höre ich, der Ede, die Angie, und wenn erst die Scheidung
blitzsauber durch die BILDzeitung gekaut ist, dann ist da auch nix
mehr mit fraulicher Mitbestimmung bei den Kreuznationalen. Oder
gerade. Erinnern uns noch an Oskar und Gerd.
Zu
wählen die, die gelernt haben zu regieren, zu negieren
demokratischen Respekt, vor denen, die die Entscheidung nicht mehr
haben. Volk und Vieh. Grundrecht. Zu Grunde. Zu Recht.
Ein
Badenser wollt doch gleich die Volksabstimmung ganz abschaffen,
lästig das, träg schleppt sichs von Bett zu Amt zum
Fernseher.
Berlin
ruft die Jugend“ auf rotem Mauerwerk in vor 20 Jahren weißen
Buchstaben.
Geben
vor die Verantwortung zu übernehmen; kalte Hundeschnauze
zwischen Aktendeckeln; glauben, doch, tatsächlich Interessen zu
vertreten, treten, Interessen gezüchtet, damit der Konsum
endlich zu Konjunktur führe und (Laßt mich zufrieden) zur
Zufriedenheit der Bürger.
Eine
galleschwarze Hand legt sich kalt um mein Herz voll Hoffnung und
Ideal.
ehrlich
Ich gehöre mal richtig verdroschen. Ausgepeitscht. Ich will nicht,
dass mir derjenige, der mir diesen Wunsch erfüllt, dabei
irgendeine Form sexueller Lust hervorzurufen versucht oder gar
glaubt, Lust hervorrufen zu sollen. Es wäre mir sogar lieber,
der- oder diejenige empfände selbst dabei nichts. Es sollte wie
eine für jemanden anders nützliche Verrichtung betrieben
werden. Für diese Dienstleistung wäre ich sogar bereit, zu
zahlen. Es ist, glaube ich, einfach eine Notwendigkeit, dass ich mal
ausgepeitscht werde.
Wenn
es dann geschieht, werde ich schon wissen, warum.
Verprügelt
möchte ich nicht so gern werden. Von diesem dumpfen Schmerz, vor
dem das Bewusstsein fliehen will und gegen den der Körper
Hormonausschüttungen zur Verfügung hält, die die
betroffene Stelle betäuben, halte ich nichts. Der Schmerz, der
dann später entsteht, ruft den gewünschten Effekt nicht nur
nicht hervor, er wirkt das Selbstmitleid fördernd, was vermieden
werden sollte. Schon die Niederschrift der Erkenntnis, ausgepeitscht
zu gehören, ist fast weinerlich zu nennen.
Der
Striemen, der entsteht, hat eine hochwirksame Schmerzkurve: sofort
präsent, erstaunlich präzis den getroffenen Bereich
kennzeichnend, so scharf, dass der Atem für einen Moment
wegbleibt und schon nach wenigen Sekunden in der Erinnerung
verblassend - etwas, von dem man schon geglaubt hat, es heldenmütig
und ohne Schaden überstanden zu haben, bis eine zufällig
federleichte Berührung oder das Ankleiden den Irrtum heftig
spürbar werden lässt, ähnlich heftig wie der Striemen
selbst, aber nachhaltiger, sozusagen vertiefend.
Seine
beste Wirkung entfaltet der Peitschenschlag, wenn er nach dem
Ausatmen trifft. Man bleibt dann ohne Chance, sich der stimmlichen
Entäußerung durch Anspannung des Zwerchfells zu erwehren.
man wird schreien und schluchzen.
Dies
ist dann ein heikler Moment: lässt man jetzt nicht zu, sondern
verleugnet, dass und warum man das Ausgepeitschtwerden unbedingt
verdient, wird es jämmerlich. Führt man sich aber die
Ursache und seine gerechte Konsequenz vor Augen, also lenkt das
kleine bisschen Spielraum der Nachdenklichkeit auf diesen
Zusammenhang, muss das Pieren und Ziepen reinigend wirken. Es bringt
jeden Verstoß gegen die zugegebenermaßen selbst
auferlegte Moral, jedes schäbige Überlaufen der inneren
Kloake unbestechlich zu seiner Entsprechung.
Ich
möchte hier nicht falsch verstanden werden: ich genieße es
nicht. Ich verdiene es. Und ich weiß, warum.
Bildbeschreibung I
Etwas abseits, gerade so, dass es nicht wirkt, als befände er sich im
Zentrum des Geschehens, steht der Mann und betrachtet die Landschaft:
ein einzelner Baum, eine Weide, etwa hundert Jahre alt, dahinter der
Abgrund, felsig, darunter und in der Ferne das Meer, unruhig und doch
gleichmäßig. Die Farbgebung weist auf den Übergang
von Spätsommer zu Herbst hin. Es ist windig.
Die
Falten an der Augenpartie des Mannes deuten nicht auf
Kurzsichtigkeit; der Betrachtete, der gleichzeitig Betrachter ist,
zweifelt, ob er Teil des Geschehens sein möchte, halb abgewandt,
in der Bewegung festgehalten, von der nicht zu sagen ist, ob sie von
der Szenerie weg- oder zu ihr hinführen wird.
In
einiger Entfernung von Baum und Mann tanzen schemenhafte Gestalten
offensichtlich freudvoll, gleichzeitig jedoch wie zum Tanze
getrieben. Die Worte, die zwischen der Gruppe der Tanzenden und dem
Mann gewechselt wurden, bedingen die räumliche Trennung.
Wiederum
ihn aufmerksam beobachtend ist neben der Weide eine junge Frau
erkennbar. Offensichtlich hat beider Anwesenheit unmittelbar mit dem
Abgrund zu tun, er ist Zweck und Ziel ihres gemeinsamen Weges zum
dargestellten Zeitpunkt.
Sie
lächelt ihn an, verhalten, kein frisches Lächeln
Verliebter, eher ein verständnisinniges und aufmunterndes langer
Bekanntschaft, ein Lächeln, das trotzdem immer wieder in ihrem
Gesicht aufleuchtet, trotzdem beide wissen, dass er es war, der den
Weg zu diesem Abgrund gewählt hat, vorgebend nicht zu wissen,
dieser würde dort lauern. Darüber, dass ein Abgrund
schwerlich lauern könne, es vielmehr seine Entscheidung war, sie
hier herzuführen, sprachen sie lange auf dem Weg, der im
Vordergrund noch zu erkennen ist. Der Mann hat dies auch zugeben
müssen, insofern ist sein lesbarer Zweifel der an seiner Sicht
auf die Dinge und den daraus gezogenen Schlüssen, denen nicht zu
trauen ist, meisterhaft dargestellt eben durch die vermutliche
Sichtschwäche. Und insofern ist ihr Lächeln jenes lange
geübter Nachsicht im Vertrauen auf nachfolgende Einsicht. Immer
hat dieses Lächeln ein Gefühl der Zärtlichkeit und des
Schuldbewusstsein in ihm hervorgerufen, mit dessen steter Wiederkehr
er oft kokettiert hat.
Die
Tanzenden bleiben von seinen Abwägungen unbeeinflusst, jedoch
tanzen sie, ohne sich gegenseitig anzufassen oder anzublicken.
Der
Himmel, ein später Nachmittags- oder früher Abendhimmel hat
jene indefinite Farbe von Ewigkeit, die mit der Determiniertheit des
Abgrundes kontrastiert.
Die
gewählte Perspektive lässt offen, ob der Mann und die Frau
ausschließlich in der Vorstellung des Mannes über den
Abgrund am von beiden so geliebten Meer stürzen müssen oder
ob dieser Schritt in Wirklichkeit nur für ihn vorgesehen ist.
Vorstellbar
ist, dass die Weide auch hinterher vom Wind gewiegt wird, auf den
nächsten Frühling wartend.
Bildbeschreibung II - ein Ölgemäde
Im Vordergrund liegt die Schönheit, jedoch nicht so nah, dass sie dem Betrachter greifbar erschiene. Die Distanz ist so gewählt, dass jedes Detail dem Blicke bloß gegeben ist, eine Berührung aber unmöglich erscheint.
Die Figur ist eine Frau. Sie liegt auf dem Rücken, der Kopf zur rechten Bildseite hin, zu der sich die Perspektive verjüngt, die Augen geschlossen gen Himmel gerichtet, der Lichteinfall deutet auf einen frühsommerlichen Nachmittag hin. Das dunkle lockige Haar ist von einer leichten Brise umweht, der Kopf liegt leicht erhöht auf einem hellen Tuch, das ihren Körper vor der Berührung des feinen Sandes bewahrt. Der hellgelbe Sand erstreckt sich nach links und in die Tiefe bis zu einem smaragdenen Meer, das von dunkelblauen tieferen Stellen durchzogen ist. Der leichte Wind erzeugt einen Wellenschlag, dessen Kämme breit, aber nicht hoch sind. Die Gischt ist fast weiß.
Der Körper der jungen Frau liegt entspannt, nur die linke Hand ist zu sehen, beide Arme sind schlaff ausgebreitet. Lange Beine liegen flach auf dem Tuch, schmale Füße beschreiben einen rechten Winkel zueinander. Mit zartem Strich sind die feinen Linien ihres Halses gemalt, ehrerbietig wölbt sich ihr klares Profil, weder sehr weich, aber auch nicht herb zu nennen. Durch die hochstehende Sonne werfen nur die Nasenflügel einen scharfen Schatten. Ihre Lippen sind voll, fast etwas überzeichnet, wie zweimal gemalt, als wäre ihr Erschaffer mit der ersten Variante nicht zufrieden gewesen. Darunter liegt ein schmales, spitzes Kinn, das von keckem Selbstbewusstsein zeugt. Der Strich ihrer Augenbrauen ist dünn, aber sehr definiert.
Ihre Hautfarbe ist dunkler als der Sand, ein helles mediterranes Oliv, scharf gebrochen durch ein leuchtend purpurnes Bikinioberteil ohne Träger, das ihre kleinen jugendlichen Brüste eng umfasst. Der Brustkorb ist im Moment vor dem Ausatmen festgehalten, wodurch es erscheint, als reckte sie die Brustwarzen der Sonne entgegen, ihr flacher Bauch streckt sich weich aber eben, ein nach innen gewendeter Nabel ist zu ahnen. Um ausgeprägte Hüftknochen sind feine Schattierungen zu sehen, als hätte der Maler dieser Partie besonders behutsame Aufmerksamkeit gewidmet, die Pinselstriche wirken wie sanft aufgestreichelt. Sie trägt ein Bikinihöschen derselben Farbe wie das Oberteil, die leichte Erhöhung der Scham lässt diesen Teil sehr hell erscheinen, das Bekleidungsstück ist knapp, wenngleich es das Geschlecht vollständig bedeckt. Daneben ist die Haut glatt, wie überhaupt nur Haupt- und Augenbrauenhaar ihren Körper bedeckt.
Im Hintergrund stehen rechts von Strand einige Palmgewächse, nur unscharf zu erkennen.
Am unteren Bildrand findet sich die Signatur des Malers, ein weit geschwungenes A.
Bildbeschreibung III - eine Fotografie
Das Bild ist in einem Raum aufgenommen, dessen Hintergrund und Seiten in der Dunkelheit verschwinden. Eine Betondecke und und ein Betonfußboden, hell angestrahlt, begrenzen ihn oben und unten. Auf dem Foto sind zwei Personen zu sehen. Groß dem Betrachter frontal zugewandt eine Frau, links von ihr ein Mann, etwas näher an der Kamera, sein Rücken ist dem Betrachter zugewandt. Er steht halb vor, halb neben der Frau, betrachtet sie. Seine Augen sind nicht zu sehen.
Sie ist stark geschminkt, ihre Augen sind weit geöffnet, ihr Blick liegt auf dem Gegenstand, den er in der rechten Hand hält. Ihr blondes Haar ist zu einen Pferdeschwanz hoch an ihrem Hinterkopf gebunden, von dort führt ein Seil zu einem Metallring an der Zimmerdecke. Ihr sehr roter Mund ist weit geöffnet, darin eine schwarze Kugel, aus der Lederriemen über die Mundwinkel links und rechts hinter ihren Kopf führen und wahrscheinlich dort miteinander verbunden sind. Ihre Arme führen hinter ihren Rücken, die Streckung ihres Brustkorbes deutet darauf hin, dass ihre Arme in Höhe der Ellenbogen auf ihrem Rücken zusammengebunden sind. Die Fixierung des Kopfes und der Arme spannt ihren Oberkörper unnachgiebig in die Länge. Ihre Haut ist hell, die Brustwarzen sind hart, rote Striemen ziehen sich über die gesamte Brust- und Bauchpartie. Die Beine sind geöffnet, die Fußgelenke und die Schenkel oberhalb ihrer Knie sind mit Seilen an einem hölzernen Gestell befestigt. Ihr rasiertes Geschlecht liegt auf dem Querbalken des Gestelles auf, der spitz nach oben zuläuft. Die Füße berühren den Boden nicht.
Der Kopf des Mannes ist ihrem Gesicht zugewandt, ihre Haltung und ihren Ausdruck kontrollierend. Er versucht, ihren Stolz zu brechen. Er zwingt sie, sich ihm zu unterwerfen, vollständig, sie ist ohne jede Möglichkeit, die Kontrolle über sich, ihren Körper zu behalten. Dies dient seiner Lust, er will, dass sie sich ihm freiwillig zu eigen macht. Er zeigt ihr, dass sie sich sich rückhaltlos seinem Willen beugen muss. Sie soll im Akt der totalen Auslieferung Lust empfinden und sich dankbar in der völligen Aufgabe ihres Stolzes auflösen. Er wendet dem Betrachter seinen Rücken zu, in ein dunkles Hemd gekleidet, das bis zu den Handgelenken reicht. Seine rechte Hand hängt zwar neben seiner Hüfte, ist aber nur scheinbar gelassen, gerade eben gespannt, jederzeit bereit, seine Kraft vermittels des schwarzen ledrigen Gegenstandes auf dem Körper der Frau wirken zu lassen oder sie zu packen.
Bildbeschreibung IV - eine Zeichnung
Viele wilde, dünne schwarze Striche auf weißer Fläche erzeugen die Wirkung dieser surrealen Zeichnung, als gäbe es weder Vorder- noch Hintergrund, wiewohl alle Teile des Bildes miteinander verbunden sind. Auf einer Säule schwankend steht eine Figur, ihr rechter Arm reicht an sein übergroßes Genital, das seine Hand nicht zu umfassen vermag – dies erinnert an einen Golem, dessen Extremitäten den Erfordernissen seiner Tätigkeiten angepasst sind. Seine linke Hand bedient eine komplexe Maschine im unteren linken Viertel des Bildes, Hebel, Räder, Knöpfe und Schlitze sind eher zu erahnen als zu erkennen. Von dieser Maschine führt ein Röhrensystem entlang des unteren zum rechten Bildrand, von dort nach oben zu einem großen Auge, das auch eine Linse an einem beweglichen Objektiv sein könnte. Dies Auge ist auf die Hoden des Männchens gerichtet, die zwischen den Backen hinter ihm von der Säulenplattform herab hängen. Die Hoden sind ebenso groß wie die Figur. Auf den Hoden wächst eine Stadt, Hochhäuser, Straßen, Schienenfahrzeuge und Pyramiden sind darauf zu erkennen. Die Stadt ist von wimmelndem Leben bevölkert. Die Maschine wirft das vom Auge eingefangene Bild vor die Figur. Es ist nicht zu erkennen, ob dies eine Leinwandprojektion, ein Hologramm oder möglicherweise einen Flaschengeist darstellt, was sich im oberen linken Bilddrittel befindet, sich in seinen Ausmaßen jedoch über das gesamte Bild ausstreckt. Es ist eine klar erkennbare detailliert gezeichnete gigantische Vulva, die in Bewegung zu sein scheint, anscheinend eine Sogrichtung auf die ihr gegenüber klein erscheinende Figur ausübt. Ihre weiteren Merkmale erinnern nur entfernt an eine Frau, undeutlich und verschwommen entzieht sie sich der Definition durch den Betrachter.
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